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Pflicht zur Abgabe der Einkommensteuererklärung und freiwillige Abgabe bei Arbeitnehmern

Für viele Arbeitnehmer und Arbeitnehmer-Ehegatten stellen sich jährlich die beiden Fragen:

a) Bin ich / sind wir verpflichtet eine Einkommensteuererklärung abzugeben?

b) Lohnt sich die Abgabe der Einkommensteuererklärung?

Dieser Beitrag soll Aufschluss über diese Fragen geben und stellt einen ersten Anhaltspunkt dar, um die individuelle steuerliche Pflicht im Einzelfall zu klären.

Grundsätzlich:

Ein Angestellter, der nur Arbeitnehmereinkünfte erzielt, braucht grundsätzlich keine Steuererklärung abzugeben. Die steuerlichen Pflichten sind mit dem vorgenommenen Lohnsteuerabzug des Arbeitgebers insoweit abgegolten (§ 46 Abs. 4 EStG).

a) Steuererklärungspflicht:

Bei Arbeitnehmern fordert das Finanzamt die Abgabe der Steuererklärung u. a. in folgenden Fällen, wenn gemäß § 46 Abs. 2 EStG

- die positive Summe der weiteren Einkünfte, die nicht bereits dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfen waren (z. B. Einkünfte aus Vermietung) mehr als 410 Euro betragen. Die Grenze gilt z. B. auch für steuerfreie Einkünfte, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen wie z. B. dem Arbeitslosengeld.

- der Arbeitnehmer nebeneinander von mehreren Arbeitgebern Arbeitslohn bezogen hat (außen vor bleiben jedoch die pauschal besteuerten Minijobs bis 450,00 Euro).

- auf der Lohnsteuerkarte ein Freibetrag eingetragen ist.

- in bestimmten Fällen, in denen ein Arbeitnehmer seinen Wohnsitz im Ausland hat und in Deutschland die unbeschränkte Steuerpflicht beantragt (z. B. damit er in den Genuss des Grundfreibetrages kommt).

Und bei Ehegatten-Arbeitnehmer u. a, wenn

- ein Ehegatte nach der Steuerklasse V, VI oder Steuerklasse IV mit Faktorverfahren besteuert wurde.

- in bestimmten Fällen, in denen ein im Ausland lebender Ehegatte bei der Bildung der Lohnsteuerabzugsmerkmale des in Deutschland lebenden Ehegatten berücksichtigt worden ist (z. B. durch Steuerklasse III).

Beispiel:

Die Ehegatten Max und Lieschen aus München beziehen beide Arbeitnehmereinkünfte. Nach Ihrer Heirat in 2015 haben beide keinen Antrag auf Wechsel der Steuerklassen gestellt und wurden somit automatisch jeweils von der Steuerklasse I in die Steuerklasse IV ohne Faktorverfahren eingestuft.

Neben den Arbeitnehmereinkünften erzielt Lieschen aus einer selbständigen Tätigkeit Einkünfte in 2016 in Höhe von 1.100,00 Euro sowie Einkünfte aus Vermietung in Höhe von – 700,00 Euro.

Beurteilung:

Die positive Summe der Einkünfte, die nicht dem Lohnsteuerabzug zu unterwerfen war, beträgt 400,00 Euro also nicht mehr als 410,00 Euro. Max und Lieschen sind nicht verpflichtet im Jahr 2016 eine Einkommensteuererklärung abzugeben.

Gleichwohl kann das Finanzamt gemäß § 149 Abs. 1 S. 2 AO im Einzelfall zur Abgabe einer Steuererklärung auffordern.

b) Freiwillige Einkommensteuererklärung:

Nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG können Arbeitnehmer freiwillig eine Einkommensteuererklärung abgeben (= Antragsveranlagung), wenn sie wie oben beschrieben nicht dazu verpflichtet sind.

Dies macht dann Sinn, wenn mit einer (erheblichen) Einkommensteuererstattung zu rechnen ist.

Festsetzungsfrist:

Ein Anspruch auf Durchführung der Steuerveranlagung besteht nur, wenn die Festsetzungsfrist von 4 Jahren noch nicht abgelaufen ist.

Die Steuerklärung für das Jahr 2014 müsste bei der Antragsveranlagung spätestens bis zum 31.12.2018 beim zuständigen Finanzamt eingegangen sein, da ansonsten verjährt.

Praxistipp:

Wenn die Festsetzungsfrist bereits (kürzlich) abgelaufen ist, sollte ggf. trotzdem eine Steuererklärung abgegeben werden. In der Praxis kommt es immer mal wieder vor, dass das Finanzamt (versehentlich) auch nach der Verjährung zum 31.12. einen Steuerbescheid im neuen Jahr erlässt.

Fälle, bei denen sich die Abgabe lohnt:

Z. B. in folgenden Fällen kann sich die freiwillige Abgabe der Einkommensteuererklärung finanziell lohnen:

1. Es liegen Kosten im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis von über 1.000 Euro im Jahr vor (z. B. wegen Fahrten zu einer 15 Km entfernten ersten Tätigkeitsstätte).

2. Ein Arbeitnehmer hat nur einen Teil des Jahres gearbeitet. Hierbei ergibt sich sehr häufig eine höhere Steuererstattung, da die monatliche einbehaltene Lohnsteuer (= vorausbezahlte Einkommensteuer) auf Basis eines ganzjährig arbeitenden Arbeitnehmers kalkuliert wird.

3. Ein Arbeitnehmer hat während des Jahres eine Gehaltserhöhung bekommen. Auch hier wird die Lohnsteuer in der Regel für einen Teil des Jahres zu hoch kalkuliert, sofern der Arbeitgeber nicht mit der Lohnabrechnung für Dezember selbständig einen Lohnsteuerjahresausgleich durchführt.

4. In Fällen, in denen ein Arbeitnehmer aus berufsbedingten Gründen umgezogen ist und hierfür Kosten (auch pauschale Kosten) geltend machen kann.

5. Sofern Altersvorsorgebeiträge zu einer Riesterrente gezahlt wurden, die sich als Sonderausgabe auswirken.

Aber auch in anderen Fällen kann freiwillig eine Einkommensteuererklärung abgegeben werden.

Die Eingabe der Jahreslohnsteuerbescheinigung in ein Steuerprogramm gibt einen schnellen Überblick über die Höhe der Steuererstattung.

Kein Risiko bei freiwilliger Abgabe:

Ein Risiko trägt der Arbeitnehmer insoweit nicht, da er für den unwahrscheinlichen Fall einer Steuernachforderung seine freiwillige Steuererklärung einfach zurücknehmen kann. Dies gilt, sofern es keinen Grund für eine verpflichtete Abgabe der Steuererklärung gibt.


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